Lateinamerikanisch-iberische Barockmusik
Musikalische Dialoge zwischen Südamerika und Europa
LA TASTEGGIATA
Francisca Vinueza Espinel | Violine
Marco Ambrosini | Nyckelharpa
Eva-Maria Rusche | Cembalo/Tafelklavier
Werke von Santiago de Murcia (1673-1739), Gaspar Sanz (1640-1710), Juan Cabanilles (1644-1712), Antonio de Santa Cruz (fl. 1700), Antonio Soler (1727-1783), Girolamo Kapsberger (ca. 1580-1651) u.a.
Das Ensemble La Tasteggiata – international geschätzte Solistinnen und Solisten – spielt auf heutzutage eher selten gehörten Instrumenten, die aber in der Zeit des Barock durchaus bekannt und beliebt waren, darunter die Schlüsselfidel (Nyckelharpa), die von Italien bis nach Skandinavien verbreitet war, Tafelklavier, Cembalo bzw. Orgel und Organetto. Alle diese Instrumente werden mittels Tasten gespielt und existieren in ihren frühen Versionen seit dem Mittelalter.
Das Konzertprogramm ist eine Reise durch europäische, arabische, afrikanische und indigene Welten, die sich zu einer einzigartigen Klanglandschaft verweben. Im Zentrum stehen musikalische Dialoge zwischen den Kontinenten: So gab es Werke, die in Europa komponiert und nach Südamerika gebracht wurden, so die Sammlungen Códice Saldívar und Cifras selectas de guitarra von Santiago de Murcia, die ihren Weg bis nach Mexiko bzw. Chile fanden.
Bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts entstand in der Neuen Welt Musik im europäischen Stil – mitunter sogar aus der Feder einheimischer Komponisten. Das früheste gedruckte Werk dieser Art ist Hanacpachap Cussicuinin, das in Peru entstand und mit einem Text in der indigenen Sprache Quechua unterlegt ist. Besonders spannend ist die Wechselwirkung zwischen musikalischen Traditionen: Europäische Kompositionen wurden in Südamerika von lokalen Einflüssen indigenen und afrikanischer Rhythmen durchdrungen. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist der erst kürzlich wiederentdeckte brasilianische Códice Santos, der in Salterio-Tabultaur notierte Stücke enthält, die auf originäre südamerikanische Tänze zurückgehen.
Die Kanarischen Inseln waren damals eine der wichtigsten Brücken zwischen der Iberischen Halbinsel und Südamerika, wo auch ein musikalischer Austausch stattfand. Dies spiegelt sich in der wachsenden Beliebtheit der Canarios wider, die etwa Girolamo Kapsberger und andere Zeitgenossen inspirierten. Der Austausch verlief also keineswegs einseitig: Auch die europäische Musik wurde nachhaltig von lateinamerikanischen Impulsen geprägt – ein Einfluss, der bis in die Gegenwart nachwirkt und aus dem musikalischen Erbe Europas nicht mehr wegzudenken ist.